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Aufs Fliegen verzichten – Ein Selbstversuch

von Hardy Fürch

Seit einigen Jahren verzichte ich aus Klimaschutzgründen auf das Fliegen. Letztes Jahr stand ich wegen dieser Haltung vor der Alternative, alte Freunde auf Mallorca per Flugzeug zu besuchen oder ganz von einem Besuch Abstand zu nehmen. Da ich nicht mehr fliegen wollte, habe ich erst mal gegen einen Besuch entschieden. Doch damit ging es mir nicht gut. Sollte ich meine Freunde nie mehr wiedersehen? Oder sollte ich darauf warten, dass meine Freunde mich besuchen? Was ja auch nicht die Lösung sein kann, weil es dem Klima „egal“ ist, wer denn nun das CO² in die Atmosphäre pustet.

 

So kam ich auf die Idee, es einfach mal mit meinem Camper per Landweg und Fähre zu versuchen. Mein Camper ist nicht so ein Riesending, sein Motor erfüllt die derzeit höchste Abgasnorm und verbraucht bei sparsamer Fahrweise so 8-9 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Ein Mallorca-Trip mit diesem Gefährt erschien mehr daher noch vertretbar.

 

Ich fuhr also (allein) mit dem Camper die knapp 1400 Kilometer von Köln nach Barcelona, dann gut 200 Kilometer mit dem Camper per Fähre auf die Insel. Dort hatte ich auf einer ökologisch orientierten Finca einen der sehr seltenen Camper-Stellplätze ergattert und war fast nur mit dem eigenen Fahrrad und dem Zug unterwegs. Ich war rundum glücklich.

 

Wieder daheim in Köln schmiss ich einen CO²-Rechner an, um meinen CO²-Ausstoß zu berechnen. Ich kam für die Hin- und Rückfahrt auf ca. 1300 kg. Dann wollte ich natürlich wissen, wie viel CO²-Emissionen ich gegenüber einem Flug eingespart hatte – und erlebte eine dicke Überraschung: Mit dem Flugzeug hätte ich nur ca. die Hälfte an CO² emittiert! Klar, die anderen schädlichen Auswirkungen des Fliegens auf die Atmosphäre wie die Emissionen von Stickoxiden, Ruß, Aerosol- und Sulfat-Aerosolpartikeln sind bei dieser Berechnung nicht mit dabei. Aber wenn man sich nur den CO²-Ausstoß anschaut, dann wäre ich besser mit dem Flugzeug nach Mallorca gereist. Das hat mich dann schon sehr nachdenklich gestimmt.

 

Mein Fazit: Mit dem Auto statt mit dem Flugzeug reisen, muss nicht immer klimafreundlicher sein, wenn man allein den CO²-Ausstoß als Maßstab nimmt. Man muss dann schon mit dem Zug in den Süden, besonders dann, wenn man allein oder zu zweit unterwegs ist. Für Reiseziele, die nur schlecht oder nur unter unzumutbaren Umständen mit dem Zug erreichbar sind, bliebe dann nur das Flugzeug. Oder man verreist heimatnah. Da soll es ja auch schön sein. Auf einen Besuch von Freunden oder Verwandten, die im fernen Ausland leben, müsste man dann allerdings ganz verzichten.

 

Nur: Kann man so etwas auch jungen Leuten, die noch die Welt kennenlernen oder ihre Verwandtschaft besuchen wollen und sollen, wirklich zumuten? Ich bin da gespalten. Und jetzt auch ein wenig milder gestimmt gerade gegenüber jungen Menschen, die die Welt noch erkunden möchten oder weiter weg lebende Freunde/Verwandte besuchen wollen.